DR. GERDIEN JONKER, PHD. - HISTORIAN OF RELIGION AND AUTHOR
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100 Tage.
​Eine Ethnographie Berlins in der Corona-Krise
​
II. Ein Kiez geht durch die Krise

Abgeschlossen

Von 25. April bis 16. Mai

​Mittwoch, der 6. Mai – Relaxed durch den Ramadan

5/6/2020

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Imam der Moschee (50). Ort: Wilmersdorfer Moschee 
 
Er erwartet mich schon, sagt gleich, eine halbe Stunde Zeit für mich zu haben, dann kommt der nächste Besucher. Der Imam der Wilmersdorfer Moschee ist ein umtriebiger Mensch, der es gewohnt ist, Probleme anzupacken. Seit er vor fünf Jahren von Lahore nach Berlin geschickt wurde hat er erfahren, dass es in Berlin viele davon gibt. Seine Haare haben darüber schon weiße Strähne bekommen. Das Fasten, sagt er, bekomme ihm gut. Endlich Ruhe im Karton! Wir setzen uns in den weitläufigen Garten. Hinter ihm glänzt die Moschee in der Sonne. Er folgt meinen Blick und strahlt über beide Ohren: Wir haben angefangen die Innenseite zu renovieren, trotz Corona! 
Von der weltweiten Gemeinschaft ist bislang niemand infiziert worden, nicht in Pakistan, nicht in England, nicht auf den Philippinen, nirgendwo. Allen geht es gut! Beten kann man schließlich auch alleine zuhause. Die Gottesdienste sind per Videoübertragung geschaltet worden. Und schlecht geht es ihm dabei nicht. Er hat endlich ein etwas ruhigeres Leben und von allen Gemeinden, die zu seiner Gemeinschaft gehören, hat seine hier in Berlin noch den meisten Spielraum. Besucher kann er empfangen und theoretisch könnte er schon fünfzig Betende zu gleicher Zeit in die Moschee lassen, mit Abstand und Mundschutz natürlich und nach vorheriger Waschung zuhause. Aber noch tut er es lieber nicht. Sich nicht die Hände zu schütteln, sich nicht umarmen zu dürfen, das wäre für seine Leute das Schwierigste. Dann lässt er es lieber ganz sein. 
Sein Alltag hat sich durch die Krise sehr vereinfacht. Alles ganz relaxed! Er zählt auf den Fingern ab: Der interreligiöse Dialog findet im Augenblick nicht statt. Zum Vortrag eingeladen wird er nicht mehr. Die lange Nacht der Religionen ist abgesagt worden. Nach Lahore fliegen, um Bericht zu erstatten steht im Augenblick nicht am Horizont. Nur die bi-nationalen Paare, die heiraten wollen, die kommen nach wie vor, sogar zahlreicher als je. Freizeit ist Heiratszeit, meint er. Nun hofft er doch sehr, dass zumindest im September der Tag des offenen Denkmals stattfinden wird. Dann empfängt er meistens über tausend Besucher und das tut der Gemeinde jedes Mal gut. Was meine ich, ist es dann vorbei? Als ich sage, nein, wohl eher nicht, guckt er ziemlich erstaunt.
In zwei Wochen, wenn das Ende des Ramadans gefeiert wird, überlegt er sich schon Gruppen von fünfzig Personen nach einander in die Moschee kommen zu lassen: ‚um 12.00 – beten und weg! Die nächsten um 13.00 – beten, fertig.‘ Und so weiter. Aber das große Fest mit dem vielen Essen wird in diesem Jahr wohl ausfallen müssen. ‚Die Leute haben doch Angst vor dem Essen, das Andere gekocht haben. So etwas rühren sie momentan nicht an.‘ Zum Abschied bringt er mich zum Gartentor. Und bleibt dort gleich stehen für den nächsten Besucher. Ein zufriedener Mensch.
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    Die Autorin wohnt in Berlin-Wilmersdorf

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