DR. GERDIEN JONKER, PHD. - HISTORIAN OF RELIGION AND AUTHOR
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100 Tage.
​Eine Ethnographie Berlins in der Corona-Krise
​
II. Ein Kiez geht durch die Krise

Abgeschlossen

Von 25. April bis 16. Mai

Dienstag, der 12. Mai – Um den Schlaf gebracht

5/12/2020

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Weinimporteur (55). Ort: Seitenstraße der Uhlandstraße
 
Ein kleiner Laden. Rechterhand australische Stiefel. Linkerhand Kisten und ein großer Kühlschrank voller Weinflaschen, ebenfalls aus Australien. In der Mitte ein Ledersofa zum Fernsehgucken. Der hintere Teil ist mit Tisch, Stuhl und Bildschirm als Büro ausstaffiert: Voilà das Kontor des Großimporteurs australischer Weine in Berlin. Er selber sagt entschuldigend, dass die Vorstellung ‚ins Büro zu gehen‘ ihm immer abstoßend gewesen ist. Viel besser sei es für ihn, in einem Laden zu sitzen, regelmäßig Leute zu sehen und nebenbei die weltumspannenden Fahrten seiner Weincontainer zu verfolgen. Außerdem ist es fürs Geschäft besser, mehrgleisig zu fahren. Anfänglich, vor zwanzig Jahren, sagt er, lag das Verhältnis Wein – Stiefel noch bei 90:10. Heute ist es schon 70:30. Das ist eine gute Entwicklung. Als Geschäftsmann muss man flexibel bleiben. Das hat die Corona-Krise mal wieder bestätigt.
Wie denn? Ganz einfach. Das ging so: Von China fuhren Ende Januar keine Containerschiffe mehr ab. Das Land wurde ja zugemacht. Dadurch fehlten als nächstes Container in Australien. Kein Container, kein Transport. Aber sein Geschäft ist es nun mal, den Transport australischer Wein vom Weinbauer bis zum Abnehmer zu organisieren. Er sorgt dafür, dass leere Container beim Weingut abgestellt, befüllt, zu den Containerhafen gebracht, in dem reservierten Slot gestellt, um die Welt gefahren, abgeliefert, und schließlich bis zum Abnehmer transportiert werden. Ohne Container fiel das alles nun weg. Aber nicht genug damit. Als nächstes sagten auch die Abnehmer ihre Bestellungen ab, oder sie zahlten nicht. Zwar fahren seit Anfang Mai die Containerschiffe wieder rund um die Welt, aber das Loch, das in der Bilanz geschlagen worden ist, wird so schnell nicht gefüllt werden können. 
Hat er schlaflose Nächte gehabt? Doch das hat er. Das Ganze hat ihn nachts des öfteren wach gehalten. Und leider auch ungeduldiger mit den Kindern. Er hebt bedauernd die Schultern. Anderseits hat er schlagartig aufgehört noch ein Glas zu trinken und das war wirklich nicht einfach mit all dem Wein vor der Nase. Sechs Wochen ist das jetzt her. ‚In Krisen brauche ich einen klaren Kopf‘, sagt er, und ist auch ein wenig Stolz ob der Leistung. ‚Außerdem passen die Hosen jetzt besser!‘ 
Wie es weiter gehen wird? Das hängt von vielen Faktoren ab. Restaurants und Tankstellen, beide wichtige Abnehmer australischer Weine, wurden hart getroffen. Der Großhandel hält sich entsprechend zurück. Aber auch im Kleinen herrscht Zurückhaltung. Die Leute wissen nicht, ob sie in Ferien fahren können, also kaufen sie keine australische Sandalen wie sonst um dieser Zeit, um nur ein Beispiel zu nennen. Vorläufig fährt er also mit halber Kraft und auch mithilfe eines Überbrückungskredits. Sonst, ja wirklich, sonst könnte er einpacken. Und das, sagt er, wird wahrscheinlich vielen so gehen.
 


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    Die Autorin wohnt in Berlin-Wilmersdorf

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    April 2020

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