DR. GERDIEN JONKER, PHD. - HISTORIAN OF RELIGION AND AUTHOR
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100 Tage.
Eine Ethnographie Berlins
​in der Corona-Krise
​
I. Das Geräusch der Stille

Abgeschlossen

Von 18. März bis 23. April

Freitag, der 17. April – Die Riesin

4/17/2020

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Seit Deutschland in die Verlängerung gegangen ist hat sich Berlin wie von Zauberhand in zwei Lager geteilt. Einfach halber heißt es hier ‚zwei‘, weil sich halt nicht erfragen lässt, was sich hinter der Maske sonst noch tut. Denn um Masken geht es hier. Die Bundeskanzlerin hat sie uns ‚empfohlen‘, jedoch nicht zur Pflicht gemacht und gestern schon spitzten sich die Meinungen zu. Die Stadtspaziergängerin, die ja den Mundschutz pfleglich mit sich trägt, fuhr auf einmal tadelnde Blicke ein. Das ist das eine Lager. Doch das andere Lager, das lässt sich auch nicht lumpen. Heute früh als sie hastig in den Laden lief und darüber die Vorrichtung vergaß, schossen ebenso tadelnde Blicke über Maskenränder hinweg. Oder irrte sie sich da? Es gibt Augen überall, aber ob freundlich, tadelnd, prüfend oder ohne was zu sehen, das weiß man noch nicht so genau. Eine Erkundung soll hier weiterhelfen.  
1. Erkundung ohne Maske: Uhrzeit: 10.00. Dauer: 58 Min. Route: Fasanenstraße – Ludwigkirchstraße – Xantener Straße - Adenauer Platz und über den Kurfürstendamm wieder zurück. Zu sehen sind Hausmänner beim Einkauf, Ballspieler auf dem Platz, die Kinder beim Skaten, ein einsamer Handwerksmann, zwei Raucher an der Ecke, der Fensterputzer bei ‚Zigarren‘, die Schlange beim Bäcker: alle sind ohne und das bleibt auch weiter so. Übrigens, niemand von ihnen schenkt der Forscherin die geringste Beachtung. Nicht-Träger unter sich. An Träger zählen wir indes zwei Fahrradfahrerinnen, eine Rentnerin mit Tasche, noch eine beim Lotto-Geschäft, beim Geldautomaten wieder zwei. An der Bushaltestelle vier rein - vier raus, davon eine mit Maske. Soll man noch bei Lidl rein? ‚Lidl lohnt sich‘ sagt der Spruch. Nein, lohnt sich eher nicht. 
2. Erkundung mit Maske: Uhrzeit: 12.15. Dauer: 35 Min. Route: U-Bahn Güntzelstraße bis Rathaus Steglitz und wieder zurück. Auf dem Bahnsteig neun Wartende, drei davon mit Tuch, die Forscherin ist eine. Im Abteil ist das Verhältnis 3:19. Bundesplatz: fünf raus, eins rein. Da sind es nur noch zwei. Friedrich-Wilhelmplatz: der zweite Mundschutzträger verlässt den Zug. Nun ist sie ganz allein. Walther-Schreiberplatz: noch einmal sechs raus, zehn übrig, Maskenzuwachs null. Und die Augen? Nur da und dort ein Streifen, was aber auch dem Notizbuch gelten kann. 
Fazit: Das Verhältnis mit:ohne schwankt zwischen 1:20 und 1:10. Festgestellt wurde heute auch eine gewisse Lethargie ringsum. Der Grund? Höchstwahrscheinlich und frei nach Robert Walser: am Morgen da die Riesin Berlin ihre Locken schüttelt ‚und streckt ein Bein zum Bett heraus‘, da kann sie sich nicht auch noch um extra Textilien kümmern weil, ‚so eine Riesin, die kleidet sich eben ein bisschen langsam an.‘ Guten Morgen, Berlin!
 
 


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    Die Autorin wohnt im Berlin-Wilmersdorf

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