Die Russen sind in keiner besonderen Gegend zuhause. Dafür gibt es Ukrainer, Weißrussen, Tataren, Armenier, Aserbaidschaner, Russlanddeutsche und Georgier, die in Berlin in denselben Läden einkaufen, in denselben Restaurants essen gehen, denselben russischen Zeitungen lesen und Gotteshäuser aller Art unterhalten. Dazu Musiker, Diskos, eine Russenmafia und ein dichtes Netz an Spielhallen. Wohin also gehen, um in Erfahrung zu bringen wie es ihnen geht? Ich fange in der Uhlandstraße an und lerne: so schnell geben Russen nicht auf. Die Grüne Laterne zum Beispiel, Berlins‘ bekanntestes russisches Restaurant, hat nach der gestrigen Restaurantschließung umgehend eine Renovierung in Angriff genommen. Tische, Bänke, Theke, Teile der Wandverkleidung stehen schon draußen, drinnen erste Klopfgeräusche und Staub. Das Avant-Garde, ein paar Häuser weiter, hat kurzerhand auf Mittagstisch umgeschaltet, Süßwasserfische vom Holzkohlengrill für 6.95€. Eine Dame putzt noch die Fenster. Um 12.00 kann es losgehen. Auch das Lemberg hat geöffnet. Die Eigentümerin, eine wahre Hohenpriesterin des Kaviars, lässt wie gewohnt die Kunden kosten, empfiehlt die Tageslieferung, wiegt ab. Im Supermarkt Russia am S-Bahnhof Charlottenburg dröhnt peppiger russischer Pop. Ich kaufe die Zeitung ‚Russki Berlin‘, Sesam in Honig und kandierten Ingwer. Beim Ingwer lacht der Kassierer kurz in seinem Mundschutz. ‚Ich esse auch Ingwer. Ist gut gegen die Erkältung. Ist gut für die Laune!‘ Der Ingwer also, der könnte sich noch als Retter in der Not herausstellen.
In der Zeitung ein Foto von Patriarch Kirill. Die FAZ meldete bereits, dass, wenn es nach diesem Mann geht, die Ostermessen stattfinden, der Gemeinschaftslöffel aber, mit dem die Kommunion verabreicht wird, nach jedem Gebrauch desinfiziert werden soll. Ich setze Kurs Richtung Fehrbelliner Platz, um die Nachricht zu verifizieren. Die Russische Kirche liegt jedoch verwaist. Dahinter schimmern die Minarette der Ahmadiyya Moschee. Warum nicht den Imam fragen, ob sie in letzter Zeit noch Kontakt hatten? Auf mein Klingeln kommt er in den Garten heraus. Wir unterhalten uns übers Tor. ‚Wie geht es dem Imam?‘ Breites Lächeln. ‚Endlich meine Ruhe‘. Bereits 1924 war die Moschee eine Anlaufstelle für Tataren und ist es bis heute geblieben. ‚Was machen die nebenan?‘ Jemand sei gekommen mit Packen Mehl und Reis, sagt er. Fragte, ob er die Moschee als Lagerplatz benutzen könne. Er hat ihn abgewiesen. ‚Wir haben die Bomben (im zweiten Weltkrieg) überlebt. Werden wir das hier auch wohl überleben.‘
Auf dem Heimweg stelle ich fest, dass die Buchhandlungen offen sind. Ach Deutschland, einig Lese-Land. Ich liebe Dich. Was wären wir jetzt ohne ein Buch? Auf meinem Schreibtisch liegt noch Wladimir Kaminer. Ich schlage willkürlich auf und finde ‚Nie etwas ausdenken, sondern immer dem Leben vertrauen.‘ Ein prima Rat.
In der Zeitung ein Foto von Patriarch Kirill. Die FAZ meldete bereits, dass, wenn es nach diesem Mann geht, die Ostermessen stattfinden, der Gemeinschaftslöffel aber, mit dem die Kommunion verabreicht wird, nach jedem Gebrauch desinfiziert werden soll. Ich setze Kurs Richtung Fehrbelliner Platz, um die Nachricht zu verifizieren. Die Russische Kirche liegt jedoch verwaist. Dahinter schimmern die Minarette der Ahmadiyya Moschee. Warum nicht den Imam fragen, ob sie in letzter Zeit noch Kontakt hatten? Auf mein Klingeln kommt er in den Garten heraus. Wir unterhalten uns übers Tor. ‚Wie geht es dem Imam?‘ Breites Lächeln. ‚Endlich meine Ruhe‘. Bereits 1924 war die Moschee eine Anlaufstelle für Tataren und ist es bis heute geblieben. ‚Was machen die nebenan?‘ Jemand sei gekommen mit Packen Mehl und Reis, sagt er. Fragte, ob er die Moschee als Lagerplatz benutzen könne. Er hat ihn abgewiesen. ‚Wir haben die Bomben (im zweiten Weltkrieg) überlebt. Werden wir das hier auch wohl überleben.‘
Auf dem Heimweg stelle ich fest, dass die Buchhandlungen offen sind. Ach Deutschland, einig Lese-Land. Ich liebe Dich. Was wären wir jetzt ohne ein Buch? Auf meinem Schreibtisch liegt noch Wladimir Kaminer. Ich schlage willkürlich auf und finde ‚Nie etwas ausdenken, sondern immer dem Leben vertrauen.‘ Ein prima Rat.