Wir haben es geschafft. Gestern Abend um Sieben trat unser Teil der Düsseldorfer Straße auf den Balkon hinaus und applaudierte dem Pflegepersonal. An der Überseite wurden Wunderkerzen dazu geschwenkt. Zum Abschluss klang ein ‚Tschüss bis Morgen‘ über die Straße. Dann war es wieder still.
Wer sind die Wilmersdorfer? Selbstgenügsam und verschwiegen. Die Leute mit der höchsten Biomarkt-Dichte. Airbnb Vermieter. Gabriele Tergit schrieb schon 1931 über die riesigen Zehn-Zimmerwohnungen, die bis zur Decke mit Büchern und Möbeln vollgestopft waren. Doch ändert sich momentan etwas gewaltig. Eine Freundin schrieb heute morgen aus der Mommsenstraße, dass das Geräusch der Rollkoffer seit gut einer Woche verschwunden sei. Ich gehe heute quer durch die wohlbekannten Straßen, um dem Kiez etwas Neues abzugewinnen.
Wilmersdorf, das ist zuallererst Unten und Oben, Geschichte und Gegenwart. Oben der Stuck und die Loggias wo nur selten sich jemand blicken lässt. Unten die Stolpersteine, die von den früheren Wilmersdorfern zeugen. In der Fasanenstraße zähle ich alleine 60, von Edith und Franz Josephy nahe Hohenzollerndamm bis zur Familie Béhar an der Ecke zur Kantstraße. In der Nassauischen, der Holsteinischen, der Uhland- , der Kant- und der Mommsenstraße dürften es wesentlich mehr sein. Ich bücke mich heute zu den Schwestern Katharina und Hermine Berend, Jahrgang 1868 respektive 1871, schicke ein Foto an Judith in California, die mir schon oft bei meinen Recherchen geholfen hat und empfange prompt zwei Todesanzeichen. Stand: Ledig. Religion: Mosaisch. Sterbeort: Theresienstadt. Zimmer: L. 415 – 26. Datum 14.4.42. Todesursache: Morbus Senilis. Wie lange die beiden wohl in ihrer Wohnung eingesperrt waren, bevor sie dieses Schicksal ereilte?
Am Ludwigkirchplatz kommen Spaziergänger nach draußen, Eltern mit Hunden und Kindern, einsame Läufer, eine alte Dame im Rollstuhl und ihr Begleiter. Eine Rauchergruppe bildet sich. Zwei Jungs legen verstohlen ihr Skateboard aus. Bei Bäckermann hat sich eine Schlange gebildet. Ein junger Russe regt sich lauthals über das Abstandhalten auf, benutzt Worte wie hysterisch und sinnlos. Die übrigen Wartenden weichen still bis an die Bordsteinkante zurück. Auch beim Portugiesen wird Gebäck eingeholt, auch dort stehen Russen an, diesmal mit Mundschutz. Die Kirche liegt verlassen in der Mitte.
Der Wilmersdorfer Kiez ist auch überaltert. Wohnhäuser wurden in Seniorenheimen umgewandelt. In einigen Straßen werden im großen Stil Nachlässe gekauft und verwaltet, ein sicheres Zeichen dafür, dass die Dinge sich langsam zu ändern beginnen. Ich passiere eine Wohngemeinschaft für Alzheimer Patienten. Das Haus, in jedem Stock zwölf Zimmer um den Hof, ist mir von vielen Besuchen bekannt. Wie es momentan dort oben wohl aussieht? Wer eine Frage formuliert, hörte ich soeben eine Humanmedizinerin im Fernsehen sagen, der wächst von selber in die Antwort hinein. Rilke. Wir werden es ihm heute gleichtun müssen.
Wer sind die Wilmersdorfer? Selbstgenügsam und verschwiegen. Die Leute mit der höchsten Biomarkt-Dichte. Airbnb Vermieter. Gabriele Tergit schrieb schon 1931 über die riesigen Zehn-Zimmerwohnungen, die bis zur Decke mit Büchern und Möbeln vollgestopft waren. Doch ändert sich momentan etwas gewaltig. Eine Freundin schrieb heute morgen aus der Mommsenstraße, dass das Geräusch der Rollkoffer seit gut einer Woche verschwunden sei. Ich gehe heute quer durch die wohlbekannten Straßen, um dem Kiez etwas Neues abzugewinnen.
Wilmersdorf, das ist zuallererst Unten und Oben, Geschichte und Gegenwart. Oben der Stuck und die Loggias wo nur selten sich jemand blicken lässt. Unten die Stolpersteine, die von den früheren Wilmersdorfern zeugen. In der Fasanenstraße zähle ich alleine 60, von Edith und Franz Josephy nahe Hohenzollerndamm bis zur Familie Béhar an der Ecke zur Kantstraße. In der Nassauischen, der Holsteinischen, der Uhland- , der Kant- und der Mommsenstraße dürften es wesentlich mehr sein. Ich bücke mich heute zu den Schwestern Katharina und Hermine Berend, Jahrgang 1868 respektive 1871, schicke ein Foto an Judith in California, die mir schon oft bei meinen Recherchen geholfen hat und empfange prompt zwei Todesanzeichen. Stand: Ledig. Religion: Mosaisch. Sterbeort: Theresienstadt. Zimmer: L. 415 – 26. Datum 14.4.42. Todesursache: Morbus Senilis. Wie lange die beiden wohl in ihrer Wohnung eingesperrt waren, bevor sie dieses Schicksal ereilte?
Am Ludwigkirchplatz kommen Spaziergänger nach draußen, Eltern mit Hunden und Kindern, einsame Läufer, eine alte Dame im Rollstuhl und ihr Begleiter. Eine Rauchergruppe bildet sich. Zwei Jungs legen verstohlen ihr Skateboard aus. Bei Bäckermann hat sich eine Schlange gebildet. Ein junger Russe regt sich lauthals über das Abstandhalten auf, benutzt Worte wie hysterisch und sinnlos. Die übrigen Wartenden weichen still bis an die Bordsteinkante zurück. Auch beim Portugiesen wird Gebäck eingeholt, auch dort stehen Russen an, diesmal mit Mundschutz. Die Kirche liegt verlassen in der Mitte.
Der Wilmersdorfer Kiez ist auch überaltert. Wohnhäuser wurden in Seniorenheimen umgewandelt. In einigen Straßen werden im großen Stil Nachlässe gekauft und verwaltet, ein sicheres Zeichen dafür, dass die Dinge sich langsam zu ändern beginnen. Ich passiere eine Wohngemeinschaft für Alzheimer Patienten. Das Haus, in jedem Stock zwölf Zimmer um den Hof, ist mir von vielen Besuchen bekannt. Wie es momentan dort oben wohl aussieht? Wer eine Frage formuliert, hörte ich soeben eine Humanmedizinerin im Fernsehen sagen, der wächst von selber in die Antwort hinein. Rilke. Wir werden es ihm heute gleichtun müssen.